Ersatzmitglieder

Kommentar zu § 25 BetrVG

Scheidet ein Betriebsratsmitglied dauerhaft aus dem Betriebsrat aus (weil es zum Beispiel den Betrieb verlässt), rückt das nächste Ersatzmitglied automatisch dauerhaft in den Betriebsrat nach und wird damit zum „ordentlichen“ Betriebsratsmitglied.

Ist ein ordentliches Betriebsratsmitglied vorübergehend verhindert (z. B. Urlaub, Krankheit), rückt das nächste Ersatzmitglied vorübergehend nach und ersetzt das verhinderte Mitglied während dessen Abwesenheit. In dieser Zeit ist das Ersatzmitglied „vollwertiges“ Betriebsratsmitglied – mit allen Rechten und Pflichten.

Entscheidend ist aber die Frage, welches Ersatzmitglied nachrückt. Hierbei muss u. a. auf das Geschlecht der Minderheit geachtet werden und – sofern eine Listenwahl stattfand – auch die Zahl der Betriebsratsmitglieder pro Liste.

Wann sind Ersatzmitglieder zu laden?

Scheidet ein Betriebsratsmitglied dauerhaft aus dem Betriebsrat aus (weil es zum Beispiel den Betrieb verlässt), rückt das nächste Ersatzmitglied automatisch dauerhaft in den Betriebsrat nach und wird damit zum „ordentlichen“ Betriebsratsmitglied.

Im Grunde genommen also ein automatischer Vorgang. Der Betriebsratsvorsitzende wird dem Arbeitgeber und dem betroffenen Nachrücker in einem formlosen Schreiben kurz mitteilen, wer ausgeschieden ist und wer ab sofort ordentliches Betriebsratsmitglied ist.

Wenn das ausscheidende Mitglied spezielle Funktionen oder Aufgaben wahrgenommen hat, „erbt“ das nachrückende Mitglied diese Aufgaben nicht mit. Soll das neue Mitglied die Aufgaben des ausscheidenden Mitglieds übernehmen, muss der Betriebsrat dies auf einer Betriebsratssitzung so beschließen.

Beispiel:

Kollege Müller ist Schriftführer im Betriebsrat. Nun geht er in Rente. Kollege Schmidt rückt als erstes Ersatzmitglied dauerhaft in den Betriebsrat nach. Er ist aber nicht Schriftführer. Wer zukünftig Schriftführer wird, muss im Gremium beschlossen werden.

Aber auch bei vorübergehender Verhinderung sind Ersatzmitglieder zu laden.

Der Betriebsratsvorsitzende ist immer dafür verantwortlich (§ 29 BetrVG), sicherzustellen, dass der Betriebsrat stets so vollständig wie möglich seine Arbeit verrichtet. Das gilt in erster Linie für die Teilnahme an den Betriebsratssitzungen. Wenn ein Betriebsratsmitglied verhindert ist, um an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen (und wenn der Vorsitzende dies weiß oder hätte wissen können), dann muss für dieses verhinderte Betriebsratsmitglied ein Ersatzmitglied eingeladen werden – notfalls auch ganz kurzfristig!

Aber:

Das gilt aber nur, wenn der vorliegende Grund das Betriebsratsmitglied objektiv betrachtet tatsächlich daran hindert, zur Sitzung zu kommen. Dies ist z. B.

  • Urlaub
  • Krankheit
  • Seminarbesuch
  • andere vergleichbare Hinderungsgründe

Mehr zu diesem Thema siehe § 29 Abs. 2 BetrVG.

Rechte der Ersatzmitglieder:

Fehlt ein Betriebsratsmitglied vorübergehend und rückt ein Ersatzmitglied nach, ersetzt dieses Ersatzmitglied das fehlende Mitglied für dessen gesamte Fehlzeit. In dieser gesamten Zeit ist das Ersatzmitglied mit allen Rechten und Pflichten eines ordentlichen Betriebsratsmitgliedes ausgestattet.

So steht dem Ersatzmitglied z. B. auch das Recht zu,

  • von der Arbeit ohne Minderung der Bezüge freigestellt zu werden (siehe § 37Abs. 2 und 3 BetrVG),
  • in alle Unterlagen des Betriebsrats Einblick zu nehmen (§ 34 Abs. 3 BetrVG) usw.

Ersatzmitglieder, die regelmäßig in Vertretung im Betriebsrat tätig werden, haben Anspruch auf Grundlagenschulungen (siehe § 37 Abs. 6 BetrVG). Und auch der besondere Kündigungsschutz des § 15 KSchG gilt uneingeschränkt, solange sie nachrücken. Entfällt der Vertretungsfall, gilt für sie der nachwirkende Kündigungsschutz.

Welches Ersatzmitglied ist das richtige?

Ist ein Betriebsratsmitglied verhindert oder scheidet vollständig aus dem Betriebsrat aus, muss ein Ersatzmitglied geladen werden – aber welches?

Es muss immer das richtige Ersatzmitglied in den Betriebsrat nachrücken – also nicht das Ersatzmitglied, was zufällig zur Verfügung steht. Zuständig für die korrekte Ladung ist der Betriebsratsvorsitzende.

Es sind folgende Regelungen einzuhalten:

  • Wenn die Betriebsratswahl eine Personenwahl (Mehrheitswahl) war (siehe § 14 BetrVG):

Ersatzmitglieder sind alle Kandidaten, die bei der Wahl mindestens eine Stimme erhalten haben, aber zu wenige Stimmen, um direkt in den Betriebsrat gewählt worden zu sein.

Fehlt ein Betriebsratsmitglied, ist derjenige Kandidat das zu ladende Ersatzmitglied, das von den nicht gewählten Kandidaten bei der Wahl die meisten Stimmen bekommen hat. Ist dieses Ersatzmitglied ebenfalls verhindert, kommt der Nächste an die Reihe.

Allerdings:

Es ist zu beachten, dass das Geschlecht in der Minderheit in ausreichender Zahl im Betriebsrat vertreten ist (Angabe aus dem Wahlausschreiben; siehe auch § 15 BetrVG).

Sinkt die Zahl der Betriebsratsmitglieder, die dem Minderheitsgeschlecht angehören, unter die vorgeschriebene Zahl, muss zunächst ein Ersatzmitglied geladen werden, das dieser Gruppe angehört – auch wenn es ansonsten nicht an der Reihe wäre. Erst wenn kein Ersatzmitglied mehr vorhanden ist, das dem Geschlecht in der Minderheit angehört, wird das nächste Ersatzmitglied geladen, das an der Reihe wäre.

Beispiele:

Ein Betriebsrat besteht aus 5 Mitgliedern, 2 Männer stellen das Minderheitengeschlecht.

Frau Mayer 56 Stimmen
Frau Bentheim 48 Stimmen
Herr Müller 41 Stimmen
Herr Klarmann 36 Stimmen
Frau Jannsen 30 Stimmen

Ersatzmitglieder sind:

Frau König 25 Stimmen
Frau Wirth 20 Stimmen
Herr Lehmann 7 Stimmen

Nun ist Frau Bentheim erkrankt. Für sie rückt Frau König in den Betriebsrat nach, bis Frau Bentheim wieder gesund ist.

Wenn aber Herr Klarmann fehlt, weil er z. B. Urlaub hat, ist das Geschlecht der Minderheit nicht mehr in der ausreichenden Zahl im Betriebsrat vertreten. Aus diesem Grund muss Herr Lehmann nachrücken, obwohl er die wenigsten Stimmen bei der Wahl erhalten hat.

  • Wenn die Betriebsratswahl eine Listenwahl (Verhältniswahl) war (siehe § 14 BetrVG):

Etwas komplizierter ist es, wenn die Wahl als Listenwahl durchgeführt wurde. Nun muss beim Nachrücken nicht nur das Geschlecht in der Minderheit (§ 15 BetrVG) im Blick behalten werden, sondern auch das Verhältnis der Listen, das sich aus dem Wahlergebnis ergeben hat.

Grundsätzlich gilt:

Es rückt immer das erste Ersatzmitglied der Liste nach, von der das fehlende Betriebsratsmitglied wegen Verhinderung fehlt.

Führt das Fehlen des Betriebsratsmitglieds dazu, dass das Minderheitsgeschlecht durch einen Sprung in der Reihenfolge der Ersatzmitglieder ergänzt werden muss, findet auch dieser Tausch immer unter den Ersatzmitgliedern der entsprechenden Liste statt.

Die Listen sollen – auch durch nachrückende Ersatzmitglieder – immer die Zahl an Sitze im Betriebsrat behalten, wie es sich aus dem Wahlergebnis ableitet.

Erst wenn ein Mitglied des Geschlechts in der Minderheit nachrücken muss, die Liste aber kein Ersatzmitglied mehr hat, das dem Geschlecht in der Minderheit angehört, kann es zu einem Listensprung kommen, wenn die konkurrierende Liste noch über ein Ersatzmitglied verfügt, das dem Geschlecht in der Minderheit angehört.

Beispiele:

Der Betriebsrat besteht aus 9 Mitglieder, davon davon als Geschlecht in der Minderheit: 3 Frauen.

Es haben zwei Listen kandidiert. Der Liste 1 stehen 5 Sitze im Betriebsrat zu, der Liste 2 stehen 4 Sitze zu.

Liste 1    Liste 2
Herr Cäsar Herr Neumann
Frau Dorn Herr Kilian
Herr Wurzel Frau Süßholz
Frau Zeisig Herr Macke
Herr Krummbein

Ersatzmitglieder:

Herr Senfbier Frau Fliege
Herr Johannsen Herr Kermel
Herr Taubner Frau Liebig
Herr Freundlich

Weil Urlaubszeit ist, fehlt Herr Neumann der Liste 2; für ihn rückt Frau Fliege nach, bis er den Urlaub beendet hat.

Nun wird auch noch Herr Wurzel der Liste 1 krank. Für ihn kommt das Ersatzmitglied Herr Senfbier zum Einsatz.

Dann sind alle Betriebsratsmitglieder wieder da.

Wenig später tritt Frau Zeisig ihre Kur an. Jetzt ist die Zahl des Geschlechts in der Minderheit nicht mehr erfüllt.

Theoretisch müsste ein weibliches Ersatzmitglied der Liste 1 nachrücken. Liste 1 verfügt aber über kein weibliches Ersatzmitglied mehr. Nun kommt es zum Listensprung und Frau Fliege (Liste 2) vertritt Frau Zeisig als Ersatzmitglied.

Während dieser Vertretungszeit ändert sich also das Mehrheitsverhältnis der Listen zugunsten der Liste 2.

§ 25 - Ersatzmitglieder

Scheidet ein Mitglied des Betriebsrats aus, so rückt ein Ersatzmitglied nach. Dies gilt entsprechend für die Stellvertretung eines zeitweilig verhinderten Mitglieds des Betriebsrats.

Die Ersatzmitglieder werden unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 2 der Reihe nach aus den nichtgewählten Arbeitnehmern derjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören. Ist eine Vorschlagsliste erschöpft, so ist das Ersatzmitglied derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde. Ist das ausgeschiedene oder verhinderte Mitglied nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt, so bestimmt sich die Reihenfolge der Ersatzmitglieder unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 2 nach der Höhe der erreichten Stimmenzahlen.

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