Verletzung gesetzlicher Pflichten

Kommentar zu § 23 BetrVG

Wenn der gesamte Betriebsrat oder einzelne Mitglieder des Betriebsrats ihre Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz grob missachten, kann das gesamte Gremium aufgelöst oder einzelne Mitglieder des Amtes enthoben werden.

Ein derartiges Verfahren ist aber ausschließlich vor dem Arbeitsgericht möglich.

Wenn das Gericht bei grober Amtspflichtverletzung den Betriebsrat auflöst, muss das Gericht gleichzeitig Neuwahlen ansetzen und einen Wahlvorstand bestellen.

Auch der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes zu beachten und anzuwenden. Bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz kann er vom Arbeitsgericht verpflichtet werden, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Missachtet der Arbeitgeber entsprechende gerichtliche Entscheidungen, muss er mit einem Ordnungsgeldes oder Zwangsgeldes bis zu einer Höhe von € 10.000,- rechnen.

Wenn der Betriebsrat seine gesetzlichen Pflichten missachtet

Nicht immer erfüllen Betriebsräte die Erwartungen, die die Wähler in sie gesetzt haben. Dies ist zwar dann nicht erfreulich, die einzige Lösung ist aber in der Regel, die nächsten Wahlen abzuwarten und andere Kandidaten zu wählen.

Was nicht möglich ist:

  • den Betriebsrat zwischenzeitlich abzuwählen,
  • über ein Misstrauensvotum den Betriebsrat aufzulösen,
  • die Vertrauensfrage zu stellen oder
  • einzelne Betriebsratsmitglieder per Mehrheitsbeschluss aus dem Gremium auszuschließen.

Allerdings ist der Betriebsrat – und damit auch die einzelnen Betriebsratsmitglieder – verpflichtet, die Amtsgeschäfte gemäß den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes zu führen. Natürlich können dabei immer auch mal kleinere Pannen geschehen.

Wenn aber eine grobe Amtspflichtverletzung des Betriebsrats vorliegt oder einzelne Betriebsratsmitglieder die Amtspflichten grob missachten, kann es zu einer Auflösung des Betriebsrats oder dem Ausschluss einzelner Betriebsratsmitglieder kommen.

Eine derartige Amtsenthebung, ist aber nur durch ein Arbeitsgerichtsverfahren möglich.

Zur Klarstellung:

Nicht jeder Fehler rechtfertigt eine Amtsenthebung. Es müssen schon grobe Amtspflichtverletzungen sein.

Zum Beispiel:

  • Das Gremium weigert sich grundsätzlich, Betriebsversammlungen durchzuführen (§ 43 BetrVG)
  • Das Gremium führt keine Betriebsratssitzungen durch
  • Ein Betriebsratsmitglied verweigert ständig die Teilnahme an Betriebsratssitzungen
  • Das Mitglied behindert die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats durch gezieltes Verhalten
  • Das Mitglied diskriminiert ausländische Arbeitnehmer
  • Vorteilsnahme

Ein entsprechender Antrag kann beim Arbeitsgericht gestellt werden von:

  • einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer,
  • einer im Betrieb vertretenden Gewerkschaft oder
  • dem Arbeitgeber.

Kommt es tatsächlich dazu, dass das Arbeitsgericht den Betriebsrat auflöst, muss das Gericht aber auch gleich einen Wahlvorstand (§ 16 BetrVG) bestellen, um Neuwahlen durchzuführen.

Wenn der Arbeitgeber seine gesetzlichen Pflichten missachtet

Auch der Arbeitgeber muss sich an die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes halten und die Rechte des Betriebsrats beachten.

Tut er dies nicht, kann auch er gerichtlich belangt werden.

Grundsätzlich hat der Betriebsrat immer die Möglichkeit, in einem Beschlussverfahren seine Rechte beim Arbeitsgericht geltend zu machen.

So kann der Betriebsrat beantragen, der Arbeitgeber möge eine Handlung unterlassen, eine Handlung vornehmen oder eine Handlung zu dulden.

Beispiele:

  • Der Arbeitgeber möge es unterlassen, Mehrarbeit ohne Zustimmung des Betriebsrats anzuordnen.
  • Der Arbeitgeber möge eine bestehende Betriebsvereinbarung anwenden (Handlung vornehmen) oder Kosten des Betriebsrats übernehmen.
  • Der Arbeitgeber soll es dulden, dass der Betriebsrat Sprechstunden abhalten kann.

In einem derartigen Beschlussverfahren geht es letztendlich um die Klärung einer strittigen Auffassung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, bei der das Gericht festlegt, welcher Auffassung zu folgen ist und wie gehandelt werden muss.

Sich (wissentlich) nicht an die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes zu halten, kann aber auch als grobe Amtspflichtverletzung gesehen werden – z. B. die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht zu beachten.

In diesen Fällen kann der

  • Betriebsrat oder
  • die Gewerkschaft

ein Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG gegen den Arbeitgeber einleiten. In diesem Verfahren geht es darum, einen ansonsten rechtlich geklärten Anspruch des Betriebsrats beim Arbeitgeber durchzusetzen, wenn dieser die Rechte des Betriebsrats nicht anerkennen oder beachten will.

Auch in diesen Fällen lautet der Antrag beim Arbeitsgericht darauf, dass der Arbeitgeber

  • eine Handlung vornehmen,
  • eine Handlung unterlassen oder
  • eine Handlung dulden soll.

Widersetzt sich der Arbeitgeber einer Entscheidung des Gerichts, so kann der Betriebsrat (oder die Gewerkschaft) mit der zuvor ergangenen Entscheidung erneut das Arbeitsgericht anrufen und dort den Antrag stellen,

  • dass der Arbeitgeber unter Androhung von Zwangsgeld, die Handlung vornehmen, unterlassen oder dulden soll.

Ist der Arbeitgeber dann immer noch nicht bereit, die Entscheidung des Gerichts zu beachten, kann der Betriebsrat (oder die Gewerkschaft) das Arbeitsgericht auffordern, ein Ordnung- oder Zwangsgeld zu verhängen.

Die Höhe des Ordnungsgeldes oder Zwangsgeldes kann bis zu Euro 10.000,- betragen.

Die betriebliche Praxis:

Zur Einleitung eines Beschlussverfahrens oder eines Zwangsgeldverfahrens muss der Betriebsrat in einer Betriebsratssitzung einen Beschluss (§ 33 BetrVG) fassen. Außerdem sollte der Betriebsrat zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte beim Arbeitsgericht beschließen, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuzuziehen.

Die Kosten, die durch ein derartiges Verfahren entstehen, hat der Arbeitgeber zu tragen (unabhängig vom Ergebnis; siehe auch § 40 BetrVG).

§ 23 - Verletzung gesetzlicher Pflichten

Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.

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